Schon vor rund 15 Jahren hatte Nadine Seiler die Idee, einen Hund zum Therapiehund auszubilden. Im letzten Jahr konnte sie sich diesen Traum erfüllen. Im Interview erzählt uns Nadine, wie es dazu kam.
Liebe Nadine, wie bist du zum Hund gekommen?
Ich habe Hunde schon immer sehr gerne gemocht und ging bereits als Kind mit den Hunden in der Nachbarschaft spazieren. Bei meiner Gotte und Tante lebte auch je ein Hund. Zuhause durfte ich leider keinen eigenen Hund halten und konnte mir diesen Traum erst nach meinem Auszug erfüllen, als im Herbst 2002 Inka bei mir eingezogen ist.
Neelah ist dein vierter Hund. Welches sind ihre positivsten Eigenschaften, und hat sie auch Macken?
Inka war 2022 meine erste Hündin. Im Sommer 2006 kam Nalani dazu, welche leider nach wenigen Tagen an einer Aspirationspneumonie verstorben ist. Im Herbst 2006 zog Cajuna bei mir ein und im Frühling 2019 dann Neelah.
Neelah ist ein immer fröhlicher Hund mit guter Laune. Sie mag alle Menschen, vor allem Kinder. Auch andere Hunde liebt sie und generell ist sie ihrer Umwelt gegenüber immer offen und positiv eingestellt. Für sie ist das Leben eine lila Wolke und Böses gibt es nicht.
Macken sind bei ihr eher weniger zu finden. Sie war auch als Junghund schon (zu) brav und vernünftig. Sie stiehlt jedoch leidenschaflich gerne Taschentücher und Servietten, die auf dem Couchtisch vergessen worden sind. Diese schleppt sie durch die Wohnung und wenn sich niemand findet, dem die Errungenschaft apportiert werden kann, ist sie auch glücklich und schreddert alles.
Warum hast du mit ihr die Ausbildung zum Therapiehund gemacht?
Diesen Plan hatte ich schon mit Cajuna, da ich die Arbeit des Therapiehundes sehr wichtig finde. Insbesondere die Arbeit mit Senior*innen hat mich schon lange angesprochen. Ich finde den Gedanken schön, älteren Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt Ablenkung und Freude durch die Zuwendung eines Hundes zu schenken. Leider habe ich Cajuna als nicht geeignet empfunden. Sie hat zwar alle Menschen akzeptiert, mochte aber den nahen Kontakt mit fremden Menschen nicht wirklich.
Bei Neelah hat sich dann zu meiner grossen Freude sehr früh gezeigt, dass sie da ganz anders ist. Sie liebt alle Menschen in einer angenehmen Art und Weise. Das heisst, sie geht sehr neutral auf fremde Menschen zu, bedrängt und bestürmt sie nicht. Sobald sie aber merkt, dass ihr Gegenüber sich auch für sie interessiert, zeigt sie sich sehr zugänglich für diesen näheren Kontakt und geniesst dies auch sehr.
Haben sich du und Neelah während der Ausbildung verändert und falls ja, wie?
Das ist eine schwierige Frage. Unsere Bindung war schon vorher sehr gut. Vielleicht hat uns die Ausbildung noch näher zusammengebracht. Auf jeden Fall achte ich mich auch ausserhalb der Einsätze vermehrt auf ihre Körpersprache.
Was ist für dich persönlich das Herausfordernste im Einsatz?
Eindeutig, dass im Einsatz vieles quasi gleichzeitig geschieht. Der Hund und seine Körpersprache müssen beobachtet werden, ebenso dasselbe bei der besuchten Person. Dann sind häufig noch andere, im aktuellen Moment unbeteiligte, Personen am Rand involviert. Auch sie müssen im Augenwinkel behalten werden.
Die Körpersprache von Neelah bleibt für mich bis heute häufig subtil. Sie zeigt Unbehagen nur einen ganz kurzen Moment. Diesen nicht zu verpassen, und trotzdem das ganze Drumherum im Auge zu behalten, ist und bleibt eine Herausforderung.
Wo seid ihr beide aktuell im Einsatz?
Seit ein paar Monaten sind wir jeden zweiten Donnerstag im Seniorenzentrum Jurablick in Hindelbank. Wir sind jeweils mit der Aktivierungstherapeutin gemeinsam unterwegs. Wir besuchen zuerst die Bewohner*innen der Demenzabteilung und dann noch kurz die restlichen Senior*innen.
Neelah hat dort schon einen richtigen Fanclub. Bei gutem Wetter sitzt bei unserer Ankunft bereits eine Delegation vor dem Seniorenzentrum auf dem Bänkli und wartet auf sie.
Warum sollten Therapiehunde-Einsätze nicht unterschätzt werden?
Es ist mental äusserst anstrengend für die Hunde, obwohl es nicht so aussieht. Von aussen gesehen besteht ein Einsatz von Neelah im Seniorenzentrum aus Brösmeli zusammensuchen (wir kommen immer direkt nach dem Zvieri), Senior*innen begrüssen und gekrault werden bis zum Umfallen.
Insgesamt dauern unsere Einsätze jeweils maximal eine Stunde. Anschliessend ist der Tag für Neelah gelaufen und sie schläft zufrieden in ihrem Bett.
Was unternehmt ihr beide gerne, wenn kein Therapiehunde-Einsatz ansteht?
Wir sind generell viel draussen unterwegs und gehen auch gerne wandern. Dies aber nur, wenn keine freilaufenden Kuhherden zu befürchten sind! Das ist etwas, wovor wir uns beide wirklich fürchten. Deswegen sind wir vor allem im Berner Oberland und im Jura eher vor und nach der Alpsaison anzutreffen. Ansonsten ist Neelah durch ihr unkompliziertes Wesen einfach meine perfekte Begleiterin im Alltag und ist fast überall mit dabei.
Was würdest du jedem angehenden Therapiehunde-Team als Rat mit auf den Weg geben?
Habt Spass an dieser wertvollen Arbeit mit dem Hund. Beobachtet ihn gut, damit er nicht überfordert wird. Und: Sucht euch einen Einsatzort, wo ihr euch beide wohlfühlt!
Herzlichen Dank Nadine für diesen Einblick in euer Leben und weiterhin ganz viel Freude mit Neelah und in den Einsätzen!